Heiko Mattausch

Sgraffito Revisited – Die verborgene Zeichnung

Was ist ein Sgraffito?

Das Sgraffito (italienisch graffiare = kratzen) ist im Grunde genommen keine Maltechnik, gehört jedoch – wie die Freskomalerei – zu den klassischen Freskotechniken, bei denen frischer Kalkputz im Dienste einer künstlerischen Idee bearbeitet wird. Es ist eine architekturbezogene künstlerische Technik, bei der das Motiv durch Übereinanderlegen mehrerer farbiger Putzschichten und durch partielles Entfernen der oberen sichtbar gemacht wird.

Das Thema der Freskomalerei hatte ich bereits in meinem Beitrag zur Seccomalerei touchiert. In einem noch folgenden dritten Teil werde ich gesondert darauf eingehen.

Aufbau und Technik des Sgraffito

Die Ursprünge des Sgraffitos liegen im Italien des 15. Jahrhunderts, wo es als dekoratives Gestaltungsmittel an Fassaden und in Innenräumen beliebt war. Von dort gelangte es über Oberitalien in die Schweiz, nach Österreich und Deutschland.

Traditionell werden zwei unterschiedlich farbige Putze aufgetragen: Ein dunkler Grundputz (intonaco scuro) und ein hellerer Oberputz (intonaco chiaro). Aus der oberen Schicht werden Formen und Konturen herausgeschnitten oder gekratzt, so daß der darunterliegende Putz sichtbar wird – daher auch der Name der Technik. Mehrere farbige Unterschichten sind ebenfalls möglich. Die häufiger anzutreffende Variante ist zweifelsohne die erstgenannte.

Sgraffito im deutschsprachigen Raum

Noch heute finden sich zahlreiche Beispiele, insbesondere aus der Nachkriegszeit. An vielen öffentlichen Gebäuden im gesamten ehemaligen Arbeiter- und Bauernstaat, begegnet man Wandgestaltungen. Neben Mosaiken, wie z. B. an der Außenfassade des Cafés Moskau in Berlin, war das Sgraffito weit verbreitet und auch im Westen wurde es in den 1950er Jahren häufig zur Gestaltung von Fassaden eingesetzt.

Als Kind wunderte ich mich über die starke Vereinfachung von Figuren und Formen. Heute weiß ich, daß dahinter materialtechnische Gründe standen. Sgraffiti im Außenraum müssen witterungsbeständig und frostresistent sein – daher nutzte man eine gröbere Sieblinie der Zuschlagstoffe und führte Motive in großen Flächen und mit breiten Konturen aus. Feine Kalktünchen und hauchzarte Linien, wie man sie in Interieurs verwendet, würden außen schnell verwittern.

Viele dieser Werke sind – sofern sie nicht überstrichen oder beschädigt wurden – bis heute sichtbar. Mit dem Aufkommen moderner Bautechnologien, Kostendruck und immer billigeren Gestaltungsverfahren, verschwanden Fresko- und Sgraffitoarbeiten ab den 1960er-Jahren weitgehend aus der zeitgenössischen Kunst.

Mein erstes Sgraffito – Annäherung an eine verlorene Technik

Aus pragmatischen Gründen wählte ich mein Logo als Motiv für mein erstes Sgraffito. Als Träger diente ein schmaler Reststreifen jener Platten, die ich Wochen zuvor für Freskotechniken vorbereitet hatte. Im vorliegenden Fall ist mein zweites Sgraffito dokumentiert – ebenfalls mein Logo, das ich auf einer deutlich größeren Platte ausführte.

Mein Logo enthält einige feine Haarlinien, zu fein fast für die Körnung des Sandes. Deshalb waren in der kleinen Variante leichte Verstärkungen notwendig. Für mich war das schließlich Anlaß, die Arbeit in größerem Format zu wiederholen. Daß die größere Fläche – einschließlich der Vorarbeiten – erheblich mehr Zeit beanspruchte, lag in der Natur der Sache.

Auf das mit Pigmenten Einfärben der ersten Schicht verzichtete ich völlig, nutzte vielmehr den natürlichen Farbklang schwarzen Basaltsandes. Ich ließ sie über Nacht anziehen, scheibte sie am nächsten Morgen ab und trug danach die helle Deckschicht, bestehend aus feinem Marmorgries und Quarzsand, auf. Nachdem diese leicht angezogen war, bearbeitete ich sie ebenfalls mit dem Reibebrett. Während der Schnitte in den Oberputz, führte ich meine Hand mit gespannter Konzentration. Ginge nur ein Schnitt daneben oder zu tief, alle bisherigen Arbeiten wären umsonst ausgeführt. Ich hätte die Putzschichten erneut auftragen müssen. Doch es gelang.

Wenn Sie mit dem Gedanken spielen, ein Sgraffito für Ihre Wand anfertigen zu lassen, freue ich mich auf das Gespräch mit Ihnen.

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